Der Klimagipfel

18 Dec 2023

Die aufsteigenden und die etablierten Länder ringen um die Co2 Schuld.  China ist, was den Co2 Ausstoß angeht, der größte Klimaschädiger der Welt. Allerdings nur in absoluten Zahlen. Pro Kopf und historisch betrachtet sieht das anders aus. Welche Sichtweise wird sich durchsetzen?

Verfasst von Frank Sieren

China ist mit 18 % Anteil an der Weltwirtschaft für ein Drittel des globalen Co2-Ausstoßes verantwortlich – knapp 10  Mrd. Tonnen in China und nur 4,4 Mrd. Tonnen in den USA.   

Allein die Emissionen aus fossilen Energieträgern (Öl, Gas, Kohle) werden 2023 in China voraussichtlich um 4 % steigen, in Indien sogar um 8,4 %, während sie in den USA um 3 % sinken und in der EU sogar um 7,8 %. Das hat das norwegische Center for International Climate Change errechnet.

Schaut man sich jedoch den Pro-Kopf-Ausstoß an gibt es ein anderes Bild: Da sind die USA führend, mit gut 14 Tonnen. China liegt mit knapp 9 Tonnen hingegen nur ein wenig höher als Deutschland.

Und in Frankreich ist der CO2 Ausstoß mit gut vier Tonnen wegen des Atomstroms nur halb so hoch wie in Deutschland. In Indien wiederum liegt er sogar unter 2 Tonnen pro Kopf.

Wenn man davon ausgeht, dass alle Menschen gleich sind, – also auch das gleiche Recht haben die Umwelt zu verschmutzen und die gleiche Pflicht die Umwelt zu schonen – dann wäre es sinnvoll, sich auf einen Mittelwert des Co2 Verbrauchs zu einigen, den jeder Mensch einhalten muss. Das würde allerdings dramatische Einschnitte vor – allem für die USA – und noch viel Spielraum für Indien und China bedeuten.  Das ist ein Blickwinkel, den die Aufsteigerländer befürworten.

Doch es gibt noch ungünstigere Blickwinkel für den Westen: Über die Jahrzehnte gerechnet sind die Industrienationen die viel größeren Umweltverschmutzer. Wenn man davon ausgeht, dass jedes Land ein Co2 Budget hat, dessen Überschreitung verhindern soll, dass die Welt sich über 1,5 Grad erwärmt, dann hätten die USA und Deutschland etwa 1980 bereits ihr Budget ausgeschöpft und müssten nun Strafe an diejenigen bezahlen, die noch Budget haben.

Heute haben die USA ihr Budget um fast 400 % überzogen und Deutschland um gut 250 %, während China sein Budget erst zu knapp 60 % ausgeschöpft hat und Indien sogar erst zu 15 %.

Kurz: Aus diesem Blickwinkel haben die etablierten G7 Länder in unterschiedlicher Höhe Klimaschulden bei den Aufsteigerländern.

Doch eigentlich ist es noch komplizierter. China ist gleichzeitig der größte Umweltsünder und der größte Umweltschützer. Die Chinesen werden in diesem Jahr 440 TetraWatt Stunden aus sauberen Energien wie Solar, Wind, Wasser und Atomkraft generieren. Damit erstmals mehr als ihr durchschnittlicher Zuwachs an Strom in den vergangenen zehn Jahren, der bei knapp 370 TWh liegt, so das finnische Center for Research on Energy and Clean Air (CREA).

Allein in den Wind- und Solarsektor haben die Chinesen in diesem Jahr 140 Milliarden US-Dollar investiert und damit Anlagen errichtet, die zusammen 230 Gigawatt Strom erzeugen. Damit hat China alleine doppelt so viel installiert wie die USA und Europa zusammen. Dafür müssten sie eigentlich von der Weltgemeinschaft belohnt werden.  

Wenn der Trend anhält, könnte China im Energiegewinnungssektor seinen Höchststand im Co2 Ausstoß schon in den „nächsten zwei Jahren erreichen“, so CREA. Und das trotz eines Anteils von Kohle an der Stromerzeugung von über 60 % und eines Anstieges der Kohleverstromung um 40 Gigawatt, während die Welt um 19 Gigawatt reduziert hat.

Eigentlich wollte China den Höchststand erst Ende des Jahrzehnts schaffen. Doch 80 % der Solarzellen der Welt werden in China hergestellt, zu einem unschlagbaren Preis-Leistungsverhältnis. Was zwar einerseits die deutsche Solarindustrie zu Grunde gerichtet hat, aber andererseits den Kampf gegen den Klimawandel erst bezahlbar gemacht hat.

Die große Frage zwischen den etablierten G7 Industrienationen, ihren Alliierten und den Aufsteigerländern lautet nun: Wer muss wieviel für den Klimawandel tun und zahlen?

Auf welche Berechnungsmethode man sich einigt, ist am Ende eine politische Entscheidung, also eine Frage, wer global die größere Macht hat. Wenn die Aufsteigerländer sich durchsetzen, würde das für den Westen bedeuten: Schmerzhafte und teure Einschnitte zu Gunsten der Entwicklungsländer. Damit reden wir im Grunde über Klimareparationen. Damit zu rechnen, kann in jedem Fall nicht schaden.

Doch bei COP 28 in Dubai konnten sich die Amerikaner und Chinesen auf keine gemeinsame Linie einigen. Sie blieben schon bei der Frage stecken, ob China ein Entwicklungsland ist oder nicht. Denn es ist beides. Die Position Pekings: Eine Pflicht zum Ausstieg aus fossilen Energien sei „unrealistisch.“ Eine Verdreifachung der erneuerbaren Energien unterstützt China.

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